Luzerner Polizeigesetz: Bundesgericht verbietet Massenüberwachung, schrankenlosen Datenaustausch und “predictive policing” mit KI
Grosser Erfolg für die freie Gesellschaft und die Privatsphäre der Luzerner*innen: Das Bundesgericht kassiert mehrere Bestimmungen des Luzerner Polizeigesetzes. Es verbietet die Massenüberwachung von Personen im Strassenverkehr, den schrankenlosen Datenaustausch zwischen Sicherheitsbehörden sowie “predictive policing” mit intelligenten Systemen (KI). Nun braucht es eine Revision des Gesetzes, welche die Grundrechte der Bevölkerung wahrt und die Sorgfalt in der Polizeiarbeit stärkt.
Das Luzerner Polizeigesetz wurde 2022 von Sicherheitsdirektor Paul Winiker vorgelegt und danach vom bürgerlichen Kantonsrat unverändert beschlossen – ohne dass den grossen Bedenken von SP und GRÜNEN, aber auch des Luzerner Datenschutzbeauftragten, Rechnung getragen wurde. Daraufhin wandten sich 15 Personen, unterstützt von den beiden politischen Parteien, an das Bundesgericht. Das nun vorliegende Urteil zeigt: Die Bedenken waren gerechtfertigt. “Das Luzerner Polizeigesetz genügt den Anforderungen des liberalen Rechtsstaats nicht, es geht zu unsorgfältig mit den Rechten der Luzernerinnen und Luzerner um”, so Rahel Estermann, eine der Beschwerdeführerinnen und Kantonsrätin der GRÜNEN. Anja Meier, ebenfalls Beschwerdeführerin und SP-Kantonsrätin: “Der heutige Tag ist ein wichtiger Sieg für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Privatsphäre, das uns allen zusteht.“
Das Bundesgericht kassiert zwei zentrale Punkte des Polizeigesetzes und engt eine dritte Bestimmung ein. Das Gericht hebt die Bestimmung zur automatisierten Fahrzeugfahndung und – überwachung (AFV) auf, weil es sich um eine zu wenig eingegrenzte Massenüberwachung handelt. Es war sogar erlaubt, nicht nur die Auto-Nummern, sondern auch die Bilder sämtlicher Fahrzeug- Insass*innen aufzuzeichnen und zu speichern. Das Gericht hebt auch die Bestimmung auf, welche den schrankenlosen Austausch aller möglichen polizeilichen Daten mit anderen Behörden erlaubt hätte. Zudem engt das Gericht die Nutzung von Analysesystemen ein: Die Polizei darf nur Systeme für die vorausschauende Polizeiarbeit (“predictive policing”) nutzen, in welche Daten noch manuell eingegeben werden – aber nicht solche mit automatisierter, intelligenter Datenanalyse (wie sie heute mit Künstlicher Intelligenz KI möglich ist).
Die Beschwerdeführer*innen freuen sich, dass das Luzerner Polizeigesetz nun in den wichtigsten kritisierten Punkten verbessert werden muss. Für Anja Meier ist klar: “Dieses Urteil hat Signalwirkung über Luzern hinaus und betrifft auch andere Kantone.” “Die Polizeiarbeit ist wichtig, sie muss mit Sorgfalt und verhältnismässig erfolgen”, so Rahel Estermann. Für die Revision fordern die Beschwerdeführer*innen, dass der Datenaustausch klarer definiert und so zielführender ist. Und dass die AFV nur so eingeführt wird, dass die Polizei keine Daten speichert und keine Profile der Personen und Fahrzeuge möglich sind.