Anfrage über das Mail des Regierungspräsidenten an alle Luzerner Mitglieder des Bundesparlamentes, sie mögen sämtliche Verbesserungen der Härtefallregelungen für Unternehmen ablehnen
Urban Frye und Mitunterzeichnende stellen dem Regierungsrat in eine Anfrage einige Fragen zur Mail von Regierungspräsident und Finanzdirektor Reto Wyss an die Luzerner Mitglieder des Bundesparlamentes im Zusammenhang mit den Verbesserungen der Härtefallregelungen.
Nach wie vor befinden sich unzählige Luzerner Unternehmen völlig unverschuldet durch den beschlossenen Lockdown in einer äusserst prekären wirtschaftlichen Lage. Insbesondere für Unternehmen, die faktisch zwangsgeschlossen wurden, rechtlich aber den Betrieb weiterführen dürfen, wie etwa Unternehmen aus der Event-Branche und Hotels, reichen die Unterstützungsmassnahmen nicht aus, um drohende Konkurse abzuwenden. Vor allem betrifft dies die Regelung, dass die Umsatzausfälle mindestens 40 Prozent betragen müssen. In vielen Branchen sind die Margen derart klein, dass bereits bei einem deutlich kleineren Umsatzrückgang die Insolvenz droht.
Am Sonntag, dem 7. März 2021, schrieb der Regierungspräsident und Finanzdirektor Reto Wyss sämtliche Luzerner Mitglieder des Bundesparlamentes mit einem Mail an, sie mögen sämtliche Verbesserungen der Härtefallregelungen ablehnen, insbesondere eine bereits von der Wirtschaftskommission des Bundesparlamentes beschlossene Senkung der Untergrenze des Mindestumsatzrückgangs.
Konkret schrieb Herr Wyss unter anderem:
«Die Unterstützung war von Beginn weg als Härtefallunterstützung ausgelegt. Das Ziel war und ist, den Bestand der Unternehmen und deren Arbeitsplätze zu sichern, jedoch nie eine Entschädigung des Umsatzausfalls» und weiter: «Für die Kantone, die mit der Umsetzung der Härtefallunterstützung betraut sind, hätte die Senkung der Umsatzgrenze massive Auswirkungen. Einerseits müssten sämtliche abgelehnten Gesuche erneut geprüft werden, andererseits wäre von einer Vielzahl neuer Gesuche auszugehen. Sie können sich sicher vorstellen, was das bedeuten würde.
Der Kantonsrat hat an der Januarsession ein fraktionsübergreifendes Postulat überwiesen. Darin wurde die Regierung unter anderem beauftragt, eine Senkung der Umsatzgrenze zu prüfen und andererseits die Wirtschafts- und Branchenverbände sowie die Sozialpartner einzubeziehen. Die Konsultation hat klar ergeben, dass die grosse Mehrheit der Verbände eine generelle Senkung der Umsatzlimite als nicht erforderlich betrachtet.
Nach den Beschlüssen anlässlich der Märzsession werden wir sämtliche Gesuche der ordentlichen Härtefallunterstützung erneut zu beurteilen haben, um die Beschlüsse des Kantonsrates auf alle Gesuche anzuwenden. Dabei geht es um die Flexibilisierung der Anteile nicht rückzahlbarer Beiträge und Kredite. Sich ständig verändernde Rahmenbedingungen auf kantonaler und eidgenössischer Ebene sind in der Praxis schlicht nicht mehr handhabbar.»
Zu diesem Mail stellen sich etliche Fragen:
- Warum kommuniziert der Regierungsrat nicht in aller Offenheit über seine Haltung und informiert die Bevölkerung nicht direkt und über die Medien?
- Fast im Wochenrhythmus mussten betroffene Firmen ihre Strukturen auf den Kopf stellen und sich mit teilweise grossem Aufwand anpassen. Dies unverschuldet, von den Behörden gezwungen und ohne jegliche Entschädigung für den Aufwand. Wie kommt nun der Regierungsrat dazu, wegen einem drohenden Mehraufwand für die Verwaltung, eine Ablehnung der geplanten Verbesserungen zu fordern?
- Warum ist er nicht bereit, temporär die betroffenen Verwaltungseinheiten mit Personal so aufzustocken, dass der unbestrittenermassen grosse Mehraufwand zeitnah bewältigt werden kann?
- Wenn die betroffenen Unternehmen gezwungenermassen sich ständig wechselnden Rahmenbedingungen anpassen müssen, ob sie nun wollen oder nicht, warum ist dann der Regierungsrat der Meinung, dass dieser Umstand für die Verwaltung «schlicht nicht mehr handbar» ist, wohl aber für die Unternehmen?
- Wie kommt der Regierungsrat zur Meinung, dass «Die Unterstützung von Beginn weg als Härtefallunterstützung ausgelegt sei und das Ziel war und ist, den Bestand der Unternehmen und deren Arbeitsplätze zu sichern, jedoch nie eine Entschädigung des Umsatzausfalls», wenn etwa der kantonale Gewerbeverband in den Medien zitiert wird, «dass nie von Umsatzentschädigung die Rede gewesen ist, beurteilen wir diametral anders. Die Gesellschaft muss im Sinne der Solidarität von jenen Firmen Fixkosten übernehmen, die unverschuldet aufgrund staatlicher Massnahmen überdurchschnittliche Umsatzeinbussen erleiden.»
- Der Regierungsrat schreibt, dass er die verschiedenen Branchenverbände angehört habe und die grosse Mehrheit gegen eine Verbesserung der Härtefallregelungen seien. Mit welchen Branchenverbänden, wann und in welcher Form hat der Regierungsrat gesprochen?
- Welche Branchenverbände haben welche Haltung ausgesprochen?
- Ist der Regierungsrat bereit, analog von Vernehmlassungen, einen Bericht dazu zu veröffentlichen?
- Der Verband der wohl am meisten betroffenen Unternehmen, Gastro-Luzern, wurde nicht angehört. Warum nicht?