Gemäss der «Republik» und der Berichterstattung von Zentralplus Mitte Dezember werden immer mehr so genannte «Gefährderinnen» und «Gefährder» in Datenbanken erfasst, in der eigenen Wohnung aufgesucht und angesprochen, beobachtet, überwacht. Im Kanton Luzern steigt die Zahl der erfassten Personen seit der Einführung des kantonalen Bedrohungsmanagements (KBM) stetig. Bis Sommer 2020 waren 458 Personen als «Gefährderinnen» oder «Gefährder» registriert. Der Kanton Luzern sticht mit diesen Zahlen deutlich aus der Menge hervor. Dabei zeigt eine im Dezember veröffentlichte Studie von Monika Simmler et al., dass auch Menschen überwacht und unter Beobachtung gestellt werden, von denen keine Gefahr ausgeht. Über das KBM ist wenig bekannt, die Handhabungen in den Kantonen unterscheiden sich stark. Die Umsetzung des erwähnten Bedrohungsmanagements ist aus rechtstaatlichen Gründen kritisch zu hinterfragen. Es müssen genügend Mittel, Wissen und Vorschriften zur Umsetzung bekannt sein, damit das Instrument auch nachvollzogen werden kann.

Dabei stellen sich folgende Fragen:

  1. Was sind die konkreten Massnahmen, wenn eine Person als Gefährder oder Gefährderin gemeldet wird?
  2. In welchen Fällen erfolgt ein Eintrag in der Gefährder*innen-Liste (GL)? Was sind die Auswirkungen, wenn sich eine Person auf der GL befindet?
  3. Welche Informationen erhalten Personen, welche als Gefährder oder Gefährderin auf der GL landen?
  4. Wie viele Gefährder*innen-Ansprachen (GA) wurden in Luzern 2019 vorgenommen?
  5. Gefährderinnen und Gefährder können gemäss Paragraf 13a Absatz 2 des Gesetzes über die Luzerner Polizei (PolG) unter den Straffolgen nach Artikel 292 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) vorgeladen werden. Sind allenfalls schon Strafen ausgesprochen worden, weil man nicht zur GA erschienen ist?
  6. In Bezug auf die Daten und Datenverwaltung bitten wir den Regierungsrat insbesondere um Beantwortung der folgenden Fragen:
    1. Welche Regelungen gibt es betreffend Schutz der persönlichen Daten der erfassten Gefährderinnen und Gefährdern?
    2. Auf Grund welcher Kriterien wird jemand in die Datenbank aufgenommen? Wie erfahren erfasste Personen, ob über sie eine Datensammlung existiert?
    3. Unter welchen Umständen werden diese Daten wieder gelöscht? Wer verfügt eine Löschung?
    4. Wer hat Zugang zu dieser Sammlung, und wer verwaltet diese?
  7. Wird der Datenschutzbeauftragte beim Schutz der persönlichen Daten der erfassten Personen involviert? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, wieso nicht?
  8. Inwiefern gibt es einen Austausch mit anderen Kantonen bezüglich der Informationen über Gefährderinnen und Gefährder? Was bedeutet dies für den Datenschutz?
  9. Die GA basiert auf einer blossen Vermutung beziehungsweise auf der Analyse einer Software. Es wird kein konkreter Tatverdacht nach der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) verlangt, welcher beispielsweise für die Eröffnung von Untersuchungen oder das Ergreifen von Zwangsmassnahmen usw. verlangt wird. Der präventive Ansatz der GA kann dieses Konzept aushebeln. Wie steht die Regierung dazu?
  10. Die GA befindet sich ausserhalb des Strafrechts. Können die anerkannten Verfahrensgarantien trotzdem gewährt werden?
  11. Wieso ist die GL im Kanton Luzern überdurchschnittlich lange? Wie kann sich die Regierung erklären, dass die Liste in anderen Kantonen weniger lang ist?